Sonett: (von lat./ma.ital. sonare, »klingen«): Vierzehnzeiliges Gedicht, das typischerweise aus zwei Quartetten (d.h. Vierzeilern) und zwei Tripletten bzw. Terzinen (drei Gedichtzeilen, die mit mindestens drei weiteren Gedichtzeilen, also der nächsten Terzine, durch Reime verbunden sein müssen) besteht. Dabei sollten die Quartette zusammen nur zwei Reime aufweisen (wodurch jeder Reim also viermal wiederkehrt) und als Schweifreim gebaut sein. Die Reimfolge der Terzinen ist dagegen gleichgültig; es dürfen sowohl zwei als auch drei Reime verwendet werden. Das typische Sonettschema lautet also: abba abba cde cde (oder cdc ede oder, weniger kunstvoll, cc dd ee; aber das Schema der Quartette ändert sich nie). Der Quartettteil sollte sich zum Tripletteil wie Frage und Antwort o.ä. verhalten, muß es aber nicht zwingend.
Das Sonett entstand am Hofe Friedrichs II. von Staufen in Apulien, vielleicht sogar durch ihn selbst; es hat sich unverkennbar aus dem Kreise der vielen komplizierten, weil zur individuellen Verfasserkennzeichnung dienenden Strophenformen der Troubadoure (wörtl. »Finder« [also »Draufkommer«], nämlich des Versschemas und vor allem der dazugehörigen Melodie) entwickelt. Während diese nach Ausbreitung ihrer Techniken über das ganze westkirchliche Europa (als »Minnesänger«, »trouvères« usw.) nur noch eine schwächliche Nachblüte im von gewissen spätmittelalterlichen Zünften einiger wohlhabender Städte (u.a. Nürnberg und Straßburg) getragenen »Meistersang« fanden, blieb das ~ bis auf den heutigen Tag eine lebendige Kunstform, derer sich die bedeutendsten Dichter gern bedienten (Petrarca, du Bellay, Shakespeare, Góngora, Gryphius, Platen, Baudelaire und Rilke mögen hier aus der unzähligen Menge genannt sein; Goethe hatte gegen das ~ eine Abneigung, der er in einem parodistischen ~ Ausdruck verlieh).
Die langlebigste formale Abwandlung erfuhr das Sonett im angelsächsischen Raum; dort folgte bald auf drei Quartette ein Zweizeiler, wodurch auch der viermalige Reimzwang aufgehoben wurde, da er sich durch diese Umformung zu einem fast undurchführbaren oder lächerlichen sechsmaligen ausgedehnt hätte. Durch die Berühmtheit Shakespeares, der viele ~e hinterließ, fand diese veränderte Form auch in Kontinentaleuropa gelegentlich Eingang, insbesondere bei Mallarmé (der ja hauptberuflich Englischlehrer war).
Die lange Zeit (bis ins 19. Jh.) favorisierte Verszeile des ~s war der – je nach Endung des Reimworts zwölf- oder dreizehnsilbige – Alexandriner; es kommen aber auch viele andere Zeilenformen vor. Jedoch darf die einmal gewählte Zeilenform nicht gewechselt werden (und wurde es auch von keinem einzigen namhaften Dichter).
Läßt man vierzehn Sonette so aufeinanderfolgen, daß ihre Anfangszeilen ein fünfzehntes ergeben, so erhält man einen Sonettenkranz. Der letzte ~nkranz von einem anerkannten Autor stammt von Arno Schmidt (Anagramm).
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