Bisexualität: (von lat. bi- »zwie-« und sexus »natürl. Geschlecht«): die grundsätzliche Potenz aller zum Träger nur eines Geschlechts entwickelten Lebewesen, sich auch zum Träger des anderen Geschlechts zu entwickeln. Aufgrund der ~ aller geschlechtlichen Lebewesen enthält jedes Individuum derselben die Anlagen zu beiden Geschlechtern in sich, die des nicht entwickelten Geschlechts verkümmern während der Embryonalentwicklung (oder werden in ihrer Entwicklung vorübergehend blockiert), wobei die Steuerungsmechanismen dieses Vorgangs bei den verschiedenen Organismengruppen unterschiedlich ausfallen können. In unserem Stamm entscheiden darüber beispielsweise die das Gelege umgebende Durchschnittstemperatur (oft so in der Klasse der Reptilien; in deren Ordnung der Schildkröten bewirkt die höhere , die tiefere Exemplare, in derjenigen der Krokodile ist es umgekehrt), Chromosomen (in der Klasse der Vögel bewirkt die Unvollständigkeit des Chromosoms eines Chromosomenpaares Exemplare, in unserer eigenen Klasse, derjenigen der Säugetiere, ist es umgekehrt) oder Alter (Fische der Gattung Sparus verbringen die erste Hälfte ihres erwachsenen Lebens als , die zweite als ; für die nahe verwandte Gattung Labrus gilt das Gegenteil). Auch das Ergebnis von Rangkämpfen, die dem Tode eines führenden geschlechtsaktiven Individuums folgen, kann Hormonausschüttungen bewirken, welche zur Geschlechtsumwandlung oder -ausprägung führen, ebenso die Abwesenheit von ; stoßen z.B. die Larven der Sternwurmgattung Bonellia auf ein entwickeltes , so werden sie oft , andernfalls immer (bei unserer Art erfolgt diese Hormonausschüttung, veranlaßt durch die oben erwähnte genetische Steuerung, im dritten Monat der Embryonalentwicklung; bis dahin sind wie Merkmale gleich stark entwickelt. Die verkümmerte Vagina finden wir beispielsweise beim Mann als funktionslose Naht zwischen Anus und Hodensack wieder, den verkümmerten Penis bei der Frau als funktionstragende Klitoris). Bei vielen Tierarten (z.B. Weinbergschnecken und Leberegeln) und den meisten Arten der Blütenpflanzen äußert sich die ~ als Zwittrigkeit, d.h. im gleichzeitigen Vorliegen beider Geschlechtsorgane und -produkte wie Geschlechtsfunktionen. Der Grund für die allgemeine ~ fast aller Vielzeller ist ökonomischer Natur: die Vererbung aller arteigenen Merkmale (natürlich unbeschadet der möglichen Verschiedenheit der jeweiligen Allele) bei anschließender Unterdrückung der Entwicklung eines kleinen Teils erfordert geringeren Aufwand als eine vollständig separate Konstruktion. Funktionell bedeutungslose Bildungen wie etwa die Brustwarzen unserer eigenen Art lassen sich so, aber nur so erklären (ihre ursprüngliche Anlage ist sozusagen billiger als ihre vollständige und primäre Eliminierung).
Im unwissenschaftlichen (z.B. juristischen) Sprachgebrauch wird mit der Bisexualität auch oft ein Sexualverhalten bezeichnet, in dem das Individuum seine Sexualobjekte zu etwa gleichen Teilen beiden Geschlechtern entnimmt.
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