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Yi Jing
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Yi Jing: Altchinesische Sammlung von 64 Orakelantworten. Einer der »Fünf Klassiker«, die jeder Beamtenanwärter bis zum Ende des Kaiserreichs sorgfältig zu studieren hatte (ganz analog zum Studium »heiliger Schriften« durch eine angehende klerikale Elite in Schriftreligionen). Ein Buch dieser verbindlichen Art hieß in China »Jing« (); die beste Bedeutungsentsprechung des oft als »Wandlung« übersetzten Wortes »yi« () dürfte lat. »prodigium«, noch besser alt-lat. »monstrum« (von »monere« = warnen, mahnen) sein (also etwa »wundersames Warnzeichen«, nicht etwa »Ungeheuer, Mißgeburt«, eine daraus erst entstandene, seit klassischer Zeit praktisch einzige Bedeutung). Die zugrundeliegende Empfindungsweise ist also keineswegs spezifisch chinesisch, sondern ebenso typisch für unsere klassische Antike; danach erst wird sie in Westeurasien christlich oder islamisch überformt. Solche »Prodigien«, die sich als »erschreckende Wandlungen des Normalen« ansehen lassen, wurden im alten China als Auswirkung einer Kraft namens yi betrachtet und bildeten den ursprünglichen Anlaß der Orakelbefragung.
     Diese besteht daraus, nach einem komplizierten Verfahren aus 49 Stäbchen, ursprünglich Schafgarbenstengeln, eine Zahl zwischen 1 und 64 zu ermitteln (gewöhnlich plus einer Ausweichzahl), der ein Orakeltext zugeordnet ist, welcher seinerseits aus sehr weitgefaßten Begriffen oder metaphorischen Aussagen besteht, die nach dem Prinzip der maximalen Unfalsifizierbarkeit zusammengestellt sind. Einen Zwischenschritt bei der Ermittlung der Textnummer bildet der Aufbau eines Satzes aus sechs entweder durchgezogenen oder durchbrochenen Linien, das sog. Hexagramm (64 Kombinationen sind möglich). Diesen Hexagrammen wird ihrerseits eine ungeheure Menge von willkürlichen Verknüpfungen, kosmischen Spekulationen usw. zugeordnet.
     Das Yi Jing ist sicherlich das elaborierteste Orakelbuch, das jemals im Einsatz war. Sein seit über zwei Jahrtausenden nur wenig veränderter Wortlaut hat durch Alter immer mehr an Suggestivkraft gewonnen und seit der Mitte des 20. Jh.s auf dem Weg über C.G. Jung auch in den außerchinesischen Aberglauben Eingang gefunden.

 

- Übersetzungen: Richard Wilhelm, Jena 1924 (versucht oft, dem Text eine minimale »philosophische« Konsistenz zu geben, die dieser nicht immer aufweist; bedeutendes Pionierwerk); R. Ritsema u. H. Schneider, Frankfurt/M. (2001) 2000 (primär ital.; sehr unaufgeklärter Kommentar, [Unfalsifizierbarkeit heißt z.B. »vielseitige Offenheit« usw.]; jungianisch motiviert, aber philologisch sehr sorgfältig gearbeitet).

 
 
 

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