Logarithmus: (λόγος, griech. Verhältnis [eigentl. »Rede, Sprechen«]; ἀριθμός, griech. Zahl): Diejenige Zahl, die uns die Frage beantwortet, wie oft man eine gegebene Zahl mit sich selbst multiplizieren muß, um eine weitere gegebene Zahl zu erhalten. Die Zahl, welche zu diesem Zweck mit sich selbst zu multiplizieren ist, wird Basis des Logarithmus genannt.
Im einzelnen gilt:
Für Zahlen a, b > 0 mit a ≠ 1 ist der Logarithmus von b zur Basis a definiert als die Zahl x, für die die Gleichung ax = b erfüllt ist*). Dies schreibt man
loga b = x.
Die Gleichungen ax = b und loga b = x sind also gleichwertig (äquivalent). Die Zahl b wird Numerus des Logarithmus genannt, die Zahl a seine Basis. Für Logarithmen zur Basis 10 hat sich die Schreibweise lg anstatt log10 eingebürgert und für Logarithmen zur Basis e (dies ist die Eulersche Zahl) die Schreibweise ln (von logarithmus naturalis), d. h. lg b = log10 b und ln b = loge b.
Die hohe Bedeutung des Logarithmus rührt von den Logarithmengesetzen her.
Diese lauten (für a, b, c > 0, a ≠ 1 und beliebiges n)
loga(b · c) = loga b + loga c,
loga(b : c) = loga b − loga c,
loga (bn) = n · loga b.
Sie ergeben sich ganz einfach aus den entsprechenden Potenzgesetzen. Beispielsweise gilt ax+y = ax · ay für beliebige Zahlen x, y (z. B. 25 = 2 · 2 · 2 · 2 · 2 = (2 · 2 · 2) · (2 · 2) = 23 · 22). Setzt man hier x = loga b und y = loga c, d. h. ax = b und ay = c, so erhält man ax+y = b · c, also nach Definition des Logarithmus loga(b · c) = x + y = loga b + loga c, also das erste Logarithmengesetz.
Wie man an den Logarithmengesetzen sieht, überführt der Logarithmus Multiplikationen in Additionen, Divisionen in Subtraktionen und Potenzen in Multiplikationen. Er überführt also kompliziertere Operationen in einfachere, was ihn als Rechenhilfsmittel bedeutsam macht. Wollte man z. B. vor Aufkommen der Taschenrechner die (bei langen und unübersichtlichen Zahlen mühsame) Multiplikation b · c durchführen, so entnahm man die Logarithmen von b und c (zu irgendeiner festen Basis, üblicherweise 10) einer Logarithmentafel**), addierte diese und erhielt das Produkt b·c wieder durch Potenzieren der erhaltenen Summe mit der gewählten Basis, wozu man einfach dieselbe Logarithmentafel andersherum benutzte (bei Divisionen verfuhr man analog). Auch der früher oft verwendete Rechenschieber machte sich die Logarithmengesetze zunutze: Hier verschob man zwei zusammengeheftete logarithmisch skalierte Holzzungen gegeneinander, was die Multiplikation von (in logarithmischer Skala aufgedruckten) Zahlen auf die Addition von Längen (das Verschieben der Holzzungen gegeneinander) zurückführte.
Wie man sich weiterhin am Beispiel der Gleichungen
lg 1 = 0,
lg 10 = 1,
lg 100 = 2,
lg 1000 = 3,
lg 10000 = 4
usw. klarmacht, überführt der Logarithmus (bei fester Basis) geometrische Progressionen (d. h. bei jedem Schritt multipliziert sich das jeweilige Glied mit einem konstanten Faktor) in arithmetische Progressionen (d. h. bei jedem Schritt wird ein konstanter Wert addiert). Dies folgt aus den Logarithmengesetzen und macht den Logarithmus außerdem zu Umskalierungszwecken nützlich: Beispielsweise haben Koordinatensysteme, bei denen für die y-Achse eine logarithmische Skalierung gewählt wird, die angenehme Eigenschaft, daß exponentielle Zusammenhänge (d. h. Zusammenhänge der Form y = c · ax für feste positive Parameter a und c) durch Geraden dargestellt werden.
Dagegen werden in Koordinatensystemen, bei denen beide Achsen logarithmisch skaliert sind, funktionale Zusammenhänge der Form y = c·xk für feste positive Parameter c und k durch Geraden dargestellt***), deren Anstieg gerade dem Parameter k entspricht. Trägt man beispielsweise bei doppelt logarithmischer Skalierung die Körperoberfläche von Lebewesen einer Organismengruppe gegen ihre Masse (die als proportional zum Volumen angenommen wird) auf, so liegen die erhaltenen Punkte (näherungsweise) auf einer Geraden mit Anstieg 2/3, denn die Oberfläche eines Körpers ist bei gleichbleibender Form proportional zum Volumen hoch 2/3. Weitere (überraschendere) Beispiele solcher physiologischer Skalierungsgesetze finden sich in Geschichten vom Ursprung des Lebens von R. Dawkins, nämlich in der Geschichte des geschickten Menschen und der des Blumenkohls.
Eine weitere interessante Anwendung des Logarithmus ist das aus der Beobachtung abgeleitete Gesetz von Weber-Fechner der Wahrnehmungspsychologie: Es besagt, daß bei etlichen Größen (z. B. Tonhöhen, Helligkeiten, Gewichte, Zeitintervalle) der vom Individuum wahrgenommene Wert der Größe nicht proportional zum eigentlichen Reiz ist, sondern zu dessen Logarithmus (wobei der Reiz auf eine Grundgröße bezogen wird). Eine Gewichtssteigerung eines getragenen Gewichtes von 50 Gramm auf 100 Gramm wird also in der Wahrnehmung als genauso groß empfunden wie eine Steigerung von 100 Gramm auf 200 Gramm (oder 1000 Gramm auf 2000 Gramm etc.). Eine weitere Konsequenz dieses Gesetzes ist die, daß Zeit empfindungsgemäß bei wachsendem Alter immer schneller zu vergehen scheint.
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*) Die am Anfang genannte Bedingung a ≠ 1 ist notwendig, damit ein, und nur ein, Element x mit ax = b existiert; z. B. ist die Gleichung 1x = 7 nicht lösbar, geschweige denn eindeutig lösbar. Gilt übrigens für eine (positive oder negative) Zahl x die Gleichung ax = b (z. B. (-3)4 = (-3) · (-3) · (-3) · (-3) = 81), so heißt b die Potenz zur Basis a und zum Exponenten x. Diese Gleichung wird also beim Logarithmieren nach x umgestellt.
**) Solche Tafeln sind seit 1614 verfügbar, dem Jahr, in dem der schottische Mathematiker J. Napier die (von der Sache her schon seit langem bekannten) Logarithmen systematisch für die enorme Vereinfachung von Rechnungen zu nutzen begann.
***) Dies folgt wiederum aus den Logarithmengesetzen: Im Fall y = c·xk hat man lg y = lg c+k·lg x, also ergibt sich bei doppelt logarithmischer Skalierung eine Gerade mit Anstieg k als Graph.
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