unfalsifizierbar: Nach Popper die Eigenschaft aller Aussagen, die so formuliert sind, daß eine andere, sie ausschließende Aussage nicht konstruierbar ist. Wird von einer Aussage also gefordert, daß sie »falsifizierbar« sein müsse, so ist damit keineswegs ihr sachlicher Gehalt gemeint (oder gar, daß sie falsch sein müsse bzw. nicht die Wahrheit wiedergebe), sondern eine sprachliche bzw. formale Eigenschaft.
Als Beispiele unfalsifizierbarer Aussagen seien vorgeführt: »Wenn du dieses glaubst, hat dich Gott erleuchtet; wenn du es nicht glaubst, hat dich Satan verblendet.« oder »Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder bleibt, wie's ist.« Praktisch alle ~en Aussagen, die nicht durch Verwendung mangelhaft definierter Begriffe (z.B.: »Das Sein ist alles, was der Fall ist«) zustandekommen, entstehen durch Mißachtung des Gebots des Hypothesenminimalismus, d.h. sie führen, gewöhnlich nachträglich, immer weitere Zusatzannahmen ein (bzw. schieben sie nach), wenn das aufgrund der ursprünglichen Aussage zu erwartende Ergebnis nicht eintritt oder Faktum nicht vorliegt; sie produzieren also Ausreden. Jede seriöse Argumentation und dementsprechend jede Wissenschaft muß also ~e Aussagen vermeiden. – Freud hat z.B. ante verbum vor ihnen mit dem vielzitierten Satz gewarnt, man müsse (in der Psychoanalyse) Deutungen, also Schlußfolgerungen aus experimentell gewonnenem Material, unbedingt vermeiden, die der Spielregel folgen »Tails you lose, heads I win« (GW XVI 43); sinngemäß »Wir würfeln um halbe Fische; die Hinterhälften verlierst Du, die Vorderhälften gewinne ich« – eine exzellente Umschreibung des hinter der Einführung ~er Sätze stehenden Prinzips sowie deren verborgener Zielsetzung.
Evident ist die Bedeutung ~er Sätze beim Begehen oder Vorbereiten von Unrecht. Beispiele: »Wenn die Angeklagte in dieser Nacht nicht zuhause war, so war sie auf dem Blocksberg; wenn sie in ihrem Bett zu sehen war, so hat sie dort einen Scheinleib hingezaubert«; »Daß Juden (oder Scientologen) seltener in der Kriminalstatistik auftreten, als ihrem Bevölkerungsanteil entspricht, belegt ihre Gefährlichkeit, denn es zeigt, wie gut sie ihre Verbrechen tarnen«; »Wenn in einem besiegten und tausendfach durchsuchten Staat keine wirksamen Waffen mehr zu finden sind, so zeigt das nur, wie gut er sie versteckt oder ausgelagert (sic) hat« [Quelle für letztes Beispiel: STERN].
Am häufigsten finden sich ~e Sätze erfahrungsgemäß in den Bereichen von Religion und Aberglauben. Von Anfang an, d.h. mit der Einführung des Begriffs, bestand daher von proreligiöser Seite die Tendenz, mit der Religion (oder einer sonstigen, vom »Ankläger« geteilten bzw. heimlich favorisierten Ideologie) konkurrierenden Aussagensystemen, insbesondere Wissenschaften, zu Unrecht Unfalsifizierbarkeit zu unterstellen (Aussagensysteme lassen sich formal als eine einzige Aussage betrachten). Umgekehrt läßt sich eine Wissenschaft am leichtesten diskreditieren, wenn es gelingt, in sie Vertreter einzuschleusen, die ~e Aussagen vertreten.