Arbeit: Zielgerichtete Tätigkeit, die Anstrengung oder Konzentration erfordert: das Ziel liegt dabei außerhalb ihrer selbst sowie der ausführenden Person; sie hat in jedem Fall keinen bloß subjektiven Charakter, sondern spiegelt zwingend ein Stück vorgegebene Notwendigkeit wieder, deren Berücksichtigung durch die primäre Zielsetzung erzwungen wird.
– Diese Bedeutung hat das Wort erst vor etwas mehr als vierhundert Jahren erhalten; zuvor (z.B. als mhd. »arebeit« [sprich: arrebejt]) bedeutete es entweder eine längere Anstrengung (aber nicht die Tätigkeit, zu welcher diese Anstrengung erforderlich war) oder ganz allgemein »Mühe, Plage, Unannehmlichkeit«. Auch die Leiden eines genesenden Kranken konnten trotz ihres passiven Charakters ohne weiteres als arebeit bezeichnet werden. (Eine breite Palette von Beispielen bietet das Grimm'sche Wörterbuch s.v.) Die Zielvorstellung als Ausgangspunkt jeder ~ bringt es mit sich, daß sie nur von Menschen, höchstens in bescheidenstem Umfang von menschennahen Affen, geleistet werden kann; doch selbst ursprüngliche Paläolithiker betrieben ihre Nahrungsmittelbeschaffung höchstwahrscheinlich ohne präzise Zielvorstellung – ihre Tätigkeit folgte stärker einem aktuellen, subjektiven Bedürfnis als einem nie verschwimmenden Ziel, genauso wie bei jagenden oder wühlenden Tieren oder gar Bauten errichtenden Insekten.
Das Ziel der ~ kann vom tätigen Subjekt selbst gesetzt werden; dieses bestimmt oder wählt dann auch im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die ~sbedingungen, etwa die ~swerkzeuge, ~sgegenstände oder die ~szeit. Das Ziel kann aber auch ohne jeden inneren Zusammenhang mit dem ~svorgang dem arbeitenden Subjekt von einem zweiten Subjekt willkürlich gesetzt werden, entweder positiv (Lohn) oder negativ (Vermeidung des Erleidens von Gewaltakten, z.B. Mißhandlungen, Haft oder Nahrungsentzug). Im ersten Fall sprechen wir von freier ~ oder Lohn~, im zweiten von Zwangs~, Sklaven~ oder Fron~. Beide werden von Marx als entfremdete ~ der selbstbestimmten ~ gegenübergestellt. Der Ausdruck wurde von ihm gewählt, weil 1.) das ~sziel von einem Fremden gesetzt wird, 2.) dem ~svorgang selbst äußerlich, also fremd ist, und 3.) das ~sprodukt einem Fremden gehört. Daß dieser auch über die ~sbedingungen entscheiden kann (aber, wie in manchen Fällen der Fron~ oder der Heim~, durchaus nicht muß), ist demgegenüber sekundär und unwesentlich.
Als »arbeitslos« wird nicht etwa jemand bezeichnet, der keiner Arbeit nachgeht, sondern jemand, dem der Zugang zu entfremdeter ~ im Sinne der Marx'schen Definition verwehrt wird. Deshalb gelten z.B. mit Zwangs~ beschäftigte Gefangene nicht als arbeitslos; umgekehrt können als »arbeitslos« eingestufte Menschen, wenn sie durch verbliebenes Resteigentum die Gelegenheit dazu haben, durchaus wenigstens eine zeitlang eine Arbeit ausüben, z.B. ihren Vorgarten umgraben. Aber auch währenddessen sind sie »arbeitslos«, da ihnen der Zugang zu entfremdeter Arbeit ja weiterhin verwehrt wird.
Dieses Kriterium der Arbeitslosigkeit bringt es mit sich, daß die Aufbürdung der Beweislast für ihr Vorliegen auf den Arbeitslosen selbst mißbrauchsanfällig ist; denn es steckt ein subjektives Element in ihm. Sowohl ein freiwillig verhungernder Obdachloser wie ein Besitzer von eigener Arbeit unabhängiger Einnahmequellen sind nach der bestehenden Definition nicht arbeitslos; denn da sie nicht den Zugang zu entfremdeter ~ i.S.v. Marx suchen, läßt sich auch nicht entscheiden, ob er ihnen verwehrt wird. Das subjektive Element in der Arbeitslosigkeit ist also der Wille des Arbeitslosen, Zugang zu entfremdeter ~ zu erhalten; die Möglichkeit des Mißbrauchs der Aufbürdung der Beweislast auf den Arbeitslosen selbst ergibt sich erstens aus der Willkürmöglichkeit bei der Festlegung der Kriterien für die Existenz des – ja nur subjektiven – Willens selbst, zweitens aus der Willkürmöglichkeit von dessen limitierender Quantifizierung.