Ölgötze: Herabsetzende Bezeichnung der Protestanten für katholische Kultstatuen (von Heiligen). Der Begriff ~ bezieht sich auf hölzerne, bemalte Heiligenstatuen, die – in Kultgebäuden aufgestellt oder bei Prozessionen mitgeführt – zum Schutz gegen Witterungseinflüsse oder Schädlingsbefall mit Öl bestrichen wurden. Die Reformatoren begründeten die strikte Ablehnung des Bilderkults, die häufig in der Zerstörung der Kultobjekte gipfelten (Ikonoklasmus), mit Verweis auf das erste Gebot des Dekalogs (2 Mose 20,3): »Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst Dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen...« Während das Bilderverbot bei Juden und Moslems strikt eingehalten wird, verbreitete sich im Christentum seit dessen Erhebung zur Staatsreligion durch Konstantin ein vielfältiger und äußerst kostspieliger Bilderkult, den das neuzeitliche Städtebürgertum, sozialer Träger der Reformation, als Verschwendung ablehnte und seine Kritik am teuren Prunk des Klerus in religiöse Diktion kleidete: Bilderkult ist Götzendienst, kaschierte Vielgötterei.
Vor dem 16.Jh. ist der Begriff ~ nicht nachgewiesen; er begegnet erstmals bei Luther (1520: »wen wyr ynn der Kirchen seyn unter der meß, da stehn wir wie die Ölgötzen...«) und fand dann Eingang in die protestantischen Streitschriften der Folgejahre. Der Reformator Andreas Karlstadt zieht in seiner Schrift 'Von Abtuung der Bilder' (1522) gegen die »Olgotzen« zu Felde, indem er die religiöse mit der ökonomischen Kritik verknüpfte: »Haben wir nit yhn die ehere entzeigt, die wir grossen hern entzeugen und tzu messen? War umb haben wir sie mit sammot, mit damast, mit silberin, mit guldin kleyden lassen wollen und fetzen? Warum behenchen wir sie mit gulden kronen, mit edeln gesteynen?« In einer Flugschrift des Ludwig Hätzerl (1523) heißt es über die »ruossigen oelgoetzen«: »Sind die bild und oelgoetzen nit moerder, so sy die seelen toeden und sy von Gott irem eegmakel abfueren?« Auch hier schließt sich die Kritik an der feudal-klerikalen Prunksucht unmittelbar an: »Warumb vergùlt man die goetzen dann, warumb bekleidt man sy offt mit syden, warumb zücht man das paret vor inen ab? Warumb krumpf man sich vor inen? In summa, sag waz du wilt, so thuot man den schebigen goetzen eer an, die allein Gott zimpt.«
Diese Belege lassen eindeutig erkennen, daß die protestantische Polemik gegen die ~n ausschließlich gegen deren Eigenschaft als Kultobjekte, im Sinne von Fetischen, zielte. Die Herleitung des Wortes ~ von Jesu Gebet am Ölberg (Matth. 26, 43), wo die Jünger schliefen – wie »Öl(berg)götzen« – ist späteren Datums, ebenso die darin angeblich enthaltene Anspielung auf die mit Öl gesalbten katholischen Priester. Das in den frühen Reformationskämpfen geprägte Schlagwort vom ~n, das die Kritik am katholischen Ritus wie den Kampf um das gesellschaftliche Mehrprodukt in gleichem Maße zum Ausdruck brachte, unterlag in späterer Zeit Bedeutungsverschiebungen, die seine Herkunft verdunkelten.
Literatur: Lutz Röhrich, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten; Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518-1524), 2 Bde., Berlin (DDR) 1983