Toleranz: (von lat. tolerare »ertragen«): Duldung (einer Handlung oder eines Gedankeninhaltes) trotz Mißbilligung. – Fehlt die negative Bewertung des geduldeten Sachverhaltes, so handelt es sich nicht um ~, sondern um Zustimmung (bei positiver Bewertung), Akzeptanz (bei neutraler oder unbestimmter Bewertung) oder Ignorierung (bei aktiv verweigerter Bewertung).
Seine entscheidende Bedeutung erhielt der Begriff der ~ zunächst in den Religionskriegen, die zum ~edikt von Nantes führten (in welchem die neuzeitlichen Menschenrechte ihren Ursprung nehmen). Es handelt sich dort exemplarisch um die Duldung (= ~) der calvinistischen Konfession. Die Aufklärung fordert ~ als Grundtugend – deren unmittelbare Folge die freie Meinungsäußerung ist –, weil sie sich von ihr die höchste Wahrscheinlichkeit der Ermittlung der Wahrheit verspricht. Seither ist der Begriff der ~ vielfach verfälscht und verdreht worden, wie dies zu erwarten steht, sobald gesellschaftliche Kräfte, deren Interessen der Ermittlung der Wahrheit entgegenstehen – wie z.B., aber keineswegs nur, alle religiösen Organisationen – über genügend Macht verfügen, der Begriff der ~ aber aus historischen Gründen noch mit Ansehen verbunden ist. (Im Gegensatz zum Sprachgebrauch Herbert Marcuses kann ~ niemals repressiv sein, wohl aber eine ~forderung auf der Basis eines verdrehten oder verstümmelten ~begriffs, etwa indem mit der ~ die Forderung nach Vernunft- oder Kritikverzicht verknüpft wird.)
Eine speziellere Bedeutung hat der Begriff der ~ in der Ökologie, Medizin sowie im Maschinenbau und verwandten Bereichen. Er bezeichnet dort das – je nach Gegenstand weiter präzisierte – Maß der Belastbarkeit dieses Gegenstandes (Lebewesens, Bauteils oder auch Vorgangs) durch ein Agens, welches in höherer Dosierung oder Dauer Schäden an ihm hervorrufen würde.