Definition: (von lat. definire »eingrenzen«; finis=Grenze): Festlegung der Bedeutung eines Wortes in der Art, daß alle gewünschten Anwendungen eingeschlossen, alle anderen ausgeschlossen sind. – Die Absicht der ~ besteht in der Verhinderung von Sinnübermittlungsfehlern durch Äquivokation, seltener durch Synonymie.
Da das Bedürfnis nach Bezeichnungen (Wörtern) ausschließlich dem Wunsch nach Kommunikation entspringt, spiegeln diese Wörter nicht notwendigerweise objektive Gegebenheiten wieder, sondern unmittelbar nur deren subjektive Besetzung oder sogar bloße Vorstellungen, deren bisweilen über viele Zwischenschritte erfolgte Ableitung von Objektivem oft nur schwer zu ermitteln ist. Definitionen haben daher die Freiheit, eine »Menge« auch aus heterogenen Gegenständen festzulegen; ist sie offensichtlich (z.B. aus erkennbarer Absicht, wie in etlichen Spielen) heterogen, so bildet sie einen Set. Beispiel: »Ein Mumpfel ist jede Schlange, jeder wiederkäuende Vierfüßler ohne Schuppen, jeder sechsflächige Kristall, jeder Planet mit Ausnahme des Merkur, Jupiter und Pluto sowie der Koloß von Rhodos.« – In diesem Fall wohnen wir auf einem Mumpfel, nämlich der Erde; außerdem ist die Hornnatter ein Mumpfel, genauso wie jede Ziege [aber nicht der Basilisk, da er Schuppen hat], jedoch weder die Blindschleiche noch der Löwe noch der Koloß vor dem Kolosseum, da er nicht auf Rhodos stand.
Von größerer Bedeutung sind Definitionen, die homogene Mengen von Objekten (im weitesten Sinne) einschließen. Sie werden so hergestellt, daß man von einer Obermenge eine Teilmenge abgrenzt. Beispiel: »Nutzpflanzen sind Pflanzen, die mit der Absicht angebaut werden, sie oder Teile von ihnen für irgendwelche Zwecke zu verwenden.« Oder: »Schildkröten sind Reptilien mit einem aus Rücken- und Bauchteil bestehenden Panzer, in den sie ihre Gliedmaßen ganz oder wenigstens teilweise zurückziehen können, sowie alle ihre Nachfahren« Die Obermenge bilden im ersten Beispiel also Pflanzen, im zweiten Reptilien. – Die Spezielle Biologie (bzw. biologische Taxonomie) erzwingt die Homogenität der durch ihre ~en bezeichneten Gegenstandsmengen durch das Gebot der Monophylie, d.h. sie definiert ihre Lebewesen-Gruppen, z.B. Schildkröten oder Veilchen, ausschließlich als (allumfassende) Abstammungsgemeinschaften von einer einzigen (zu postulierenden, weil nur sehr selten direkt nachweisbaren) Art. Der Vorteil dieser bewußt Homogenität des zu definierenden Gegenstandes anstrebenden ~ über jede nur phänomenale (= von der Erscheinung ausgehende) ist leicht zu erkennen: verlieren Nachfahren von Schildkröten einmal ihren Panzer oder können ihre Gliedmaßen überhaupt nicht mehr in ihn zurückziehen, so bleibt ihr Einschluß in den definierten Begriff davon unberührt. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist aber auch unübersehbar: im Gegensatz zur Erscheinung läßt sich das Wesen einer Sache oft nur schwer, langwierig oder gar nicht ermitteln (z.B. die Zugehörigkeit zu einer Abstammungsgemeinschaft), und deshalb würde die Forderung nach der Verwendung ausschließlich auf wesenhaft homogene Mengen passender ~en jede Verständigung über die zu erforschenden Gegenstände während deren Erforschung, d.h. ja gerade Ermittlung ihres Wesens, verhindern. In diesem und nur in diesem Sinne hat Freud recht mit seiner Behauptung, jede Wissenschaft vertrage es, wenn ihre obersten Begriffe unklar seien (GW X 210); phänomenal präzise definiert müssen sie freilich trotzdem sein, auch wenn spätere Forschung die solcherart definierten Gegenstände als Sets erweisen sollte (bei Gruppen von Lebewesen also als polyphyletisch). In diesem Fall empfiehlt sich dann, aber erst dann eine Änderung der ~.
Dialoge sind sinnlos ohne Einigkeit der Teilnehmer über die Bedeutung der verwendeten Worte. Besteht daher der geringste Zweifel am Vorliegen dieser Einigkeit, wird die ~ dieser Worte bzw. Begriffe nötig. Erweist sich die gewählte ~ im Verlauf des Dialogs als unzweckmäßig, kann sie bei ausnahmsloser Einigkeit der Beteiligten auch geändert werden, wie oben gezeigt; in diesem Fall wird die zuvor benutzte ~ ungültig und darf von den gleichen Dialogpartnern nicht mehr gebraucht werden.
Da jeder Dialog ohne Befolgung dieser Regel sinnlos ist, werden diejenigen, die ihn scheuen bzw. sinnlos werden lassen wollen, sie zu unterlaufen suchen (z.B. bei Dogmenstreitigkeiten). Dieses bei der Verbreitung jeder Ideologie oder auch nur gewöhnlichen Lüge sowohl auf gesellschaftlicher Ebene wie im individuellen Alltag zentrale Phänomen (Ehestreitstruktur) hat Hoevels in seinem Stück »Waitoreke« anschaulich werden lassen. Als im späten 11. und frühen 12. Jahrhundert das westeuropäische Bürgertum entstand und sozusagen Inseln im feudalen Meer bildete, wurde in den intellektuell zugleich geschultesten und fortgeschrittensten Kräften dieser Weltregion das Problem erstmals ernsthaft bewußt und ein entsprechendes Regelwerk zu seiner Meisterung errichtet, die scholastische Dialektik (etwa: »Unterredungskunst«, »Diskussionstechnik«). So weit sie sich nicht direkt an Aristoteles anlehnt und daher, wie für ihre Selbstbezeichnung, griechische Begriffe verwendet, ist ihre Terminologie dementsprechend in der westeuropäischen Mönchssprache gebildet worden, also lateinisch, wie das Wort ~ selbst.
Die zahlreichen begrifflichen Formalisierungen des ~svorgangs in der späten Neuzeit lenken gewöhnlich von Sinn und Ausgangspunkt der Definition ab und dienen eher der Verwirrung als Klärung; sie verdunkeln vor allem häufig, daß es sich bei der ~ nur um eine sprachliche, der Verständigung dienende Maßnahme handelt.