Dogmatismus: (von Dogma): Trennung von Aussagen von deren Ableitung und anschließendes Bestehen auf ihrer Gültigkeit.
Keine Aussage (oder ein System von Aussagen) ist vor ihrer Behandlung i.S. des ~ geschützt, etwa durch ihren Inhalt, ihre Herkunft, ihre sprachliche oder formale Eigenart u.ä. Fällt eine Aussage daher dem ~ zum Opfer, läßt sich allein daraus noch nicht auf irgendeinen Mangel derselben schließen. Umgekehrt tendieren alle falschen oder mangelhaften Aussagen – durch ihre Vertreter – zum ~, und zwar aus psychologischen Gründen: da ihr Mangel am ehesten durch Untersuchung ihrer Ableitung herausgefunden wird (ansonsten kann er nur noch aus einer inneren Logikverletzung bestehen, was viel seltener der Fall ist), entsteht in den Vertretern falscher oder mangelhafter Aussagen bald der Wunsch, die Untersuchung ihrer Ableitung zu unterdrücken oder ihr auszuweichen. (Die Gründe für ihr Festhalten an falschen oder mangelhaften Aussagen sind gewöhnlich mittelbar gesellschaftlicher, unmittelbar psychologischer Natur: erlittene Drohungen in der Erziehung oder Gegenwart, des weiteren Verteidigung eigennütziger Interessen gegen deren berechtigte Anfechtung. Der gesellschaftliche Aspekt dieser subjektiven Motive liegt in der gesellschaftlichen, z.B. gesetzlichen oder propagandistischen, Unterstützung dieser Drohungen oder Ansprüche) verbinden sich daher überdurchschnittlich oft mit ~; umgekehrt ist keine Aussage gegen nachträgliche Verknüpfung mit ~ zu sichern oder gesichert.
~ hat den Ruf, der Gegensatz »voraussetzungslos wissenschaftlichen Vorgehens« oder ähnlicher sowohl unvoreingenommener wie angesehener Denkweisen (oder Selbstdarstellungsformen) zu sein. So wenig er mit diesen tatsächlich vereinbar ist, so selten bilden sie in der sozialen Wirklichkeit sein Gegenstück; dieses ist weitaus häufiger ein Ausweichen vor jeder klaren Aussage, ja sogar, als deren Vorraussetzung, jedem klaren Begriff, wo ein Konflikt mit gesellschaftlichem Druck erwartet werden könnte. Es ist sachlich unverständlich, jedoch als Propagandastrategie der Nutznießer von Ideologien leicht verständlich, weshalb diese sozial vorherrschende Alternative des ~ kein ebenso geringes Ansehen aufweist wie dieser.