Kontinent: (von lat. continens »zusammenhängend« von continēre »zusammenhängen«): große Landmasse, die mit einer anderen großen Landmasse höchstens durch eine sehr dünne Landbrücke verbunden ist.
Wie man sieht, ist die Definition des Wortes ~ relativ; ab wann ist eine Landmasse ein ~, ab wann nur eine Insel? Ab wann hat eine Landbrücke als »sehr dünn« zu gelten?
Glücklicherweise hat es in menschlicher Zeit nur zwei auffällig große Landmassen gegeben, die durch schmale Landbrücken verbunden sind: Nord- und Südamerika einerseits, Afrika und Eurasien andererseits. (Die minimalen Breiten betragen im ersten Fall ca. 80 km, im zweiten ca. 160 km.) Alle anderen Landmassen, die von großen Landmassen abzweigen, tun dies entweder auf derart breiter Basis, daß sie wie vorspringende Dreiecke und keineswegs auch nur im geringsten abgeschnürt wirken (Skandinavien, das sonstige von der Landmasse abzweigende Europa, Kernarabien, Indien und Hinterindien) oder im Verhältnis zur Landmasse, mit der sie durch eine in der Tat dünne Landbrücke verbunden sind, geringe Größe von vornherein als Halbinseln aufgefasst werden, als welche auch die auf breiter Basis vorspringenden Ausläufer zu betrachten sind. Dagegen ist die Abgrenzung kleiner »~e« von großen »Inseln« willkürlich, da hier ein ungefähres Kontinuum der Größenabnahme vorliegt. Als kleinsten ~ läßt man daher Australien gelten (7,6 Mio km² Landfläche), als größte Insel Grönland (2,1 Mio km²); der zweitkleinste ~ ist somit die Antarktis (13,2 Mio km²), die zweitgrößte Insel Neuguinea (0,8 km²). Um der Definition Genüge zu tun, wurde hier jeweils nur die zusammenhängende Landfläche berücksichtigt, die der umliegenden Inseln jedoch nicht. Unser Planet enthält also in menschlicher Zeit sechs ~e (nach Größe geordnet):
Eurasien 55 Mio km²
Afrika 30,3, Mio km²
Nordamerika 23,5 Mio km²
Südamerika 17,9 Mio km²
Antarktis 13,2 Mio km²
Australien 7,6 Mio km²
Dabei sind Eurasien und Afrika einerseits, Nord- und Südamerika andererseits seit dem Einfrieren der Polkappen durch schmale Landengen verbunden, die anderen ~e nicht.
Die Fläche der ~e hängt also von der Menge des gefrorenen Wassers auf der Erdoberfläche ab, da dieses durch seine Stapelungsfähigkeit über dem Meeresspiegel weniger Raum als flüssiges einnimmt, wodurch in Warmzeiten der Wasserspiegel steigt und bei sonst gleichen Voraussetzungen Küsten und ggf. Landengen überflutet, in Kaltzeiten entsprechend zurückweicht.
Aus historischen Gründen wurde die größte eurasische Halbinsel Europa lange Zeit als ~ betrachtet, da ihren Erstbeschreibern, ionischen Griechen etwa des 10. vorchristlichen Jahrhunderts, die breite Landverbindung zwischen Europa und Asien unbekannt war, ihr Beobachtungsgebiet auf das östliche Mittelmeer, bestenfalls das gesamte Mittelmeerbecken in mäßiger Landtiefe sowie das hauptsächlich südliche Schwarze Meer und den Nordteil des Roten Meeres beschränkt war. Ebenfalls aus bloß historischen Gründen wird die skandinavische Halbinsel, die breit von NW-»Eurasien« abzweigt, zu »Europa« gerechnet, einzig deshalb, weil ihre Bewohner schon vor dem Einsetzen der schriftlichen Überlieferung, mit Ausnahme einer sehr kleinen und vom eigentlichen Europa aus gesehen entlegenen Minderheit, den Bewohnern desselben sprachlich und kulturell nahestehen. Soll das Wort irgendeinen einheitlichen, geographisch und nicht politisch, kulturell oder tiergeographisch abgeleiteten Sinn behalten, so ist selbstverständlich von dem Eurasien zu sprechen, dessen Westausläufer das eigentliche Europa und dessen Nordwestausläufer Skandinavien darstellen. Ebenso sind Nord- und Südamerika ~e, nicht etwa »Amerika«; dieses geographisch absurde Konzept entstand, ebenfalls historisch, durch die Wahrnehmung einer einheitlichen Ostküste des Doppel ~s durch europäische Seefahrer vor Entdeckung des Isthmus von Panama bzw. der Ermittlung des Verlaufs der amerikanischen Westküste. Man bezeichnet die durch besagten Isthmus verbundenen ~ Nordamerika und Südamerika daher auch als »Neue Welt«, da sie ihren europäischen Beschreibern neu waren, dementsprechend heißt der eurasisch-afrikanische Doppel~ »Alte Welt«, da sie aus dieser kamen und keine anderen ~e kannten. Australien und die Antarktis gelten nur als isolierte Zusätze dieser beiden »Welten«, d.h. Wahrnehmungsgesamtheiten.
Diese ~e sind die über den Meeresspiegel gedrückten größeren Teile sog. »tektonischer Platten«, puzzleartig ineinander verkeilten oder voneinander abbrechenden Schollen der Erdkruste, welche durch innere Bewegung ihres aufgrund seiner Hitze flüssigen Untergrundes und in diesem wirksamer thermischer Kräfte – nicht etwa der Erdrotation, wie der Entdecker dieser Tatsache, der »Kontinentaldrift«, meinte – auf diesem Untergrund verschoben werden (»treiben«). Die Entdeckung der Kontinentaldrift durch Alfred Wegener war eine der größten wissenschaftlichen Leistungen überhaupt, jedenfalls was ihre übersichtsstiftenden Konsequenzen angeht; sie gerät damit auf fast das gleiche Niveau wie die Entdeckungen Aristarchs, Daltons, Newtons, Darwins, Freuds oder Einsteins. Seither (1915) hat sich auch der makrohistorische Ablauf der irdischen Kontinentaldrift seit Entstehung der ~e, d.h. tief präkambrischer Zeit, weitgehend rekonstruieren lassen. Dabei zeigte sich, daß ursprünglich nur zwei größere ~e existierten, die nach langen Wanderungen zu einem einzigen ~ verschmolzen (»Pangäa«), welcher wiederum in Teilstücke zerbrach, aus denen durch weitere Wanderungen, Abbrüche und Zusammenstöße die heutigen sechs ~e entstanden. Diese Vielfalt getrennter großer Lebensräume ist durch die von ihr bewirkte Unterbrechung von Genflüssen der wohl wichtigste Grund für die bis auf diesen Tag bestehende, zuvor niemals erreichte Artenvielfalt unseres Planeten, welche soeben durch Übervermehrung einer Art davon, Homo sapiens, der besagte Übervermehrung technisch absichern kann, und dessen Satellitenarten (Nutzpflanzen/Haustiere) mindestens so gründlich zerstört wird wie durch die geologischen Katastrophen an der Perm/Trias-Grenze, also stärker als durch jeden vorgekommenen Meteoriteneinschlag. Auch die artbildenden Folgen der Existenz mehrere ~e werden durch die Transportaktivitäten von Homo sapiens nachhaltig zerstört.